6. / 7. August 2016. Einzigartige Naturerlebnisse – der Swiss Irontrail ist in der Szene als weltweit schönster Ultratrail bekannt. Beim T91 mit Start in Bergün und Ziel in Davos begeben sich die Läufer beim anspruchsvollsten Ultra-Marathon der Alpen auf ein unvergessliches Abenteuer.
Was ich im Vorfeld unterschätzte, respektive zu wenig Beachtung schenkte war das Höhentraining. Gut, nach unseren Sommerferien in Schweden in der wichtigsten Vorbereitungsphase war dies auch nicht möglich, denn da fehlen schlicht die Berge. Erwähnen möchte ich jedoch, dass sich Schweden zum Joggen hervorragend eignet. Hier ein paar Routen, falls du mal in dieser Gegend rumkurven solltest. Ich kann es nur empfehlen.
Schweden, Trelleborg 25KM
Schweden, Öland Löttorp 22KM 20KM 23KM 22KM 23KM
Schweden, Kirstala, 20KM 21KM 23KM 23KM
Dänemark, Borre, 21KM
Leider blieben aus Zeitgründen auch die obligaten 30km-Läufe auf der Strecke. Es ist das erste Mal nach 35 absolvierten Marathons, dass ich auf diese „Longjoggs“ verzichten musste. Ein bisschen verunsichert hat mich einfach, dass dies vor meinem mit Abstand härtester Laufherausforderung die Tatsache ist. Ich war mir ziemlich unsicher. So entschied ich eine Woche vor dem Irontrail für ein Höhentraining rauf auf die Fräkmündegg (Pilatus). Es galt auch die Stöcke, Rücksack und Camelbag zu testen mit samt der Pflichtausrüstung, welche man bei diesem Ultrarennen mitschleppen muss. Ich fühlte mich sehr gut und die Höhenmeter machten mir nichts aus. Runter nahm ich die steilere Route nach Hergiswil und zurück nach Luzern. Es wurden dann doch noch 29 Kilometer, was eigentlich so kurz vor einem Rennen eindeutig zu viel ist. Auf den letzten Meter spürte ich ein stechen in den Oberschenkeln.
Die folgenden Tage bekam ich zu meinem Schreck ein Muskelkater, wie nach einem ausgereiztem Marathonrennen. Es gab viele Marathons, wo ich einiges weniger stark litt. Ich konnte kaum noch gehen. Nun war ich total verunsichert, ob das am kommenden Samstag mit den ausgerechnet ca. 20 Stunden Laufzeit klappt. Ich zog die Option in betracht, mich noch umzumelden für die kürze Route, den T41. Die kommenden Tage war ich echt schlecht drauf, denn viele Trainingsstunden habe ich für diesen Lauf investiert und ich ärgerte mich grün und blau, dass es so weit kommen musste. Absolut unnötig, ich hätte es wissen müssen.
Die folgenden Tage nahm der Kater langsam ab, aber die Spannung in den Beinen blieb bis am Freitag. Ich recherchierte wie wild im Internet. Auch wenn der Schmerz noch weg geht, reicht es aus für die 91km am Weekend? Wenn dieses Stechen nach 30 Kilometer wieder beginnt, kann ich gleich ins Taxi steigen. Vorsorglich nahm ich mal genügend Geld mit, denn Savognin ist nicht gleich neben Davos.
Erst am Samstagmorgen am Renntag spürte ich nichts mehr. Gemäss meiner Recherche dauert die komplette Regeneration 2-3 Wochen. Ich erinnere ich an den Napfmarathon vor ein paar Jahren. Dieser war zwei Wochen vor dem Lucerne Marathon, das kam damals nicht gut.
Mit gemischtem Gefühl fuhr ich am Freitag Abend nach Davos um die Startnummer in Empfang zu nehmen. Die Vorfreude hielt sich echt in Grenzen, der Zweifel war gross. So pokerte ich und wollte es zumindest versuchen, vor allem auch, da die Wetterbedingungen nicht besser sein könnten. Es gibt Sachen, die kann man nicht beeinflussen. Das Höhentraining lag jedoch in meiner Hand.
Am Morgen um 07:30 Uhr nahm ich den ersten Zug nach Bergün. Um 09:15 Uhr erfolgte der Startschuss bei perfekten Temperaturen. 94 Läuferinnen und Läufer sind für diese Laufdistanz von 91 Kilometer am Start. Es geht zuerst gleich mal auf den ersten Gipfel hoch auf 2‘831m ü.M. auf den Fuorcla Tschitta. Es ist sehr steil und wir kommen in den Schnee. Oben geniessen wir die traumhafte Kulisse. Auch schliesst in dieser Anfangsphase Benj (siehe Film) auf mich auf. Wir verstehen uns prächtig und bauten uns über die folgenden Stunden bei den Tiefs mental gegenseitig immer wieder auf.
Das Runterkommen von dieser Höhe war eigentlich noch anstrengender als das Hochkommen. Vor allem hatte ich bedenken, da mir speziell dieser Muskelaufbau total fehlt. Wenn ein Stechen im Oberschenkel beginnt, wird es bleiben, stärker werden und ich denke kaum dass ich 10-15 Stunden weiter rennen könnte. So gehe ich vor allem dieser erste lange Abstieg schonend an. In die Knochen geht es jedoch so oder so.
Die ersten 15 Kilometer waren sehr hart und ich fragte mich, wie das zu überstehen ist, wir sind ja erst am Anfang. In Savognin bei Kilometer 25 kommen wir nach 5:15 Std. Laufzeit an zum ersten grossen Verpflegungsposten. Es galt wieder alles aufzufüllen, den bis Tiefencastel am tiefsten Punkt der Stecke sind es immerhin gut weitere 2 Stunden. Zum Glück geht es angenehm leicht abwärts. Die Strecke und führt uns durch eine wunderschöne Gegend.
Da angekommen geht es wieder hoch Richtung Lenzerheide und dann direkt ans Parpaner Rothorn. Die Beine „halten“ erstaunlicher Weise und ich bin zu diesem Zeitpunkt mal erleichtert. Der Köper beginnt aber sonst überall ein bisschen zu Meckern. Bei den Anzeichen hoffe ich immer, das jene dann irgendwie abklingen oder erträglich bleiben.
Bei der Steigung am Rothorn geht die Sonne langsam unter und je mehr wir an Höhe gewinnen, desto kälter wird es. Kurz vor der kompletten Dunkelheit erreichen wir die Hörlihütte. Benj und ich sind froh froh einen warmen Ort gefunden zu haben, essen einmal mehr eine Portion Pasta und bedanken uns bei den Helfer vor Ort für den tollen Service. Meine Finger sind jetzt durch die Wärme wieder langsam beweglich und es ist die Gelegenheit die Kleider aus dem Rucksack zu nehmen und sich für die weiteren neun Stunden durch die Nacht vorzubereiten. Interessant ist, dass Benj und ich bei einem Verpflegungsposten immer wieder auf die selben Läufer stossen, unterwegs aber immer weit und breit nur zu zweit unterwegs sind. Die Stimmung ist toll, man tauscht sich kurz aus und weiter geht’s.
Es folgt ein kurzer Abstieg und dann steil hoch aufs lengdäre Weisshorn. Wir haben jetzt die Stirnlampe montiert und bewegen uns in der totalen Finsternis Schrift für Schritt hoch auf 2‘653m ü. M. Der Wind pfeift uns um die Ohren. Oben angekommen bei KM 63 um 22:45 Uhr machen wir uns sofort auf den Abstieg nach runter nach Arosa.
In Arosa beim letzten grossen Verpflegungsposten um 00:40 Uhr muss ich infolge einer Reibung eine sanitäre Hilfe in Anspruch nehmen. Nach Pasta und der Füllung unserer Trinkflaschen und Bags gehts weiter geht auf den letzten Streckenabschnitt. Inzwischen sind auch Salztabletten, Traubenzucker, Gels, Bouillon, Cola ect. auf dem Speiseplan.
Es wird jetzt immer schwieriger, aber wir sind beide froh nicht alleine unterwegs zu sein. Wir können einen guten Rhythmus beibehalten und motivieren uns gegenseitig. Es kommt aber der Zeitpunkt, wo auch das Unterhalten Kraft kostet, welche uns zunehmend fehlt. Wir beissen uns durch rauf auf den Strelapass. Wow, das geht an die Substanz. Das ist die härteste Passage, sind wir uns einig. Oben angekommen um 05:05 Uhr können wir den Sonnenaufgang beobachten, es wird wieder hell.
Es fehlen noch die letzten 5 km runter auf Davos. Beim Zieleinlauf um 06:00 Uhr ist bereits wieder Tag. Es war eine unglaubliche Grenzerfahrung und wir sind beide enorm froh es geschafft zu haben. YESSSS!